Ode an das Holz
Pablo Neruda
1904 - 1973
Ach, soviel ich auch kenne und immer wieder kenne,
unter allen Dingen ist meine beste Freundin das Holz.
Ich trage durch die Welt an meinem Leib mit mir,
in meiner Kleidung Geruch von Sägemühlen, roter Bretter Duft.
Meine Brust, meine Stimme, sie sogen sich in der Kindheit mit Bäumen voll,
die niederstürzten, mit gewaltigen Wäldern voll künftiger Bauten.
Ich lauschte, wenn sie einhieben auf die gigantische Lärche,
den Lorbeerbaum vierzig Meter Hoch.
Axt und Gurt des winzigen Holzfällers fällten schnell ihre stolze Säule,
es siegt der Mensch und hinstürzt voller Wohlgeruch die Säule, die Säule,
die Erd erzittert, ein dumpfer Donner, dunkles Seufzen der Wurzeln,
und da überflutet die Sinne mir eine Woge von Walddüften.
Das war in der Kindheit, geschah auf den feuchten Erden,
fern in der Wildnis des Südens, auf den grünen, lieblich duftenden Archipelen,
vor mir wurden Balken geschaffen, schlummernde wie Eisen schwer,
Bretter, helltönend und schmal, Stählern ihre Liebe singend,
knierschend die Säge, es heulte die scharfe Schneide,
die metallische Klage der Säge, die, einer gebärenden Mutter gleich,
das Brot des Waldes schnitt und ein Kind zur Welt brachte inmitten des Lichts und der Wildnis,
aufreißend das Innere der Natur, Schlösser erschaffend von Holz,
Wohnungen für den Menschen, Schulen und Särge, Axtstiele und Tische.
Alles dort im Walde lang unter dem feuchten Laub im Schlaf,
als ein Mann sich gürtend und die Axt erhebend, begann,
des Baumes reines Gepränge zu schlagen, und dieses fällt,
Donner und Wohlgeruch stürzen, damit aus ihnen das Bauwerk entstehe,
die Form, das Gebäude unter den Händen des Menschen.
Dich kenne ich, dich liebe ich, dich sah ich wachsen, Holz.
Darum, so ich dich anrühre, antwortest du wie ein geliebter Leib,
du weisest mir deine Augen und deine Fasern, dein Knorren,
deine Male, deine Adern, die reglosen Flüssen gleichen.
Ich weiß. was sie singen mit Windes Stimme,
ich lausche der stürmenden Nacht, des Pferdes Galopp in der Wildnis,
ich rühre dich an, und du, wie eine spröde Rose,
die nur für mich zum Leben wiedererblüht, öffnest dich,
den Duft mir schenkend und das Feuer, die gestorben schienen.
Unter dem stumpfen Anstrich ahne ich deine Poren, erstickt schon,
rufst du mich, und ich höre dich, fühle die Bäume schwanken,
die meine Kindheit überschattet, sehe aus dir,
einem Flug von Ozean und Tauben gleich,
die Schwingen der Bücher fliegen das Papier von morgen,
für den Menschen das reine Papier für den reinen Menschen,
der morgen leben wird und der heut geboren,
beim Tönen einer Säge, beim Zerreißen von Licht, Klang und Blut.
Das ist das Sägewerk der Zeit, umsinkt die dunkle Wildnis,
dunkel ward geboren der Mensch, es fallen die schwarzen Blätter,
und erdrückt das Dröhnen der Schlacht,
das Wort haben zur gleichen Zeit Tod und Leben;
wie einer Geige entstiegen,
erhebt sich das Lied oder die Klage der Säge im Wald,
und so entsteht das Holz und beginnt seinen Lauf durch die Welt,
bis es der stille Erbauer ist, vom Eisen zersägt und durchbohrt,
leidend und schirmend die Wohnstatt errichtet,
wo täglich einander werden der Mann, die Frau und das Leben.